Warum in der Entwicklungszusammenarbeit eine Balance zwischen persönlichen Kontakten, Flugreisen und digitaler Kommunikation gefunden werden muss.
Die Pandemie hat vieles verändert, auch die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren. Der Ausbau und die Verbesserung von digitalen Kommunikationsplattformen und die Notwendigkeit, diese auch im Arbeitsumfeld zu nutzen, war eine der positiven Auswirkungen von Covid-19 in der Entwicklungszusammenarbeit.
Davor gab es viele Hindernisse: geringe Barrierefreiheit, mangelnde technische Kenntnisse und schlechte Infrastruktur, sowohl innerhalb von EZA-Organisationen als auch bei lokalen Partner:innen. Covid-19 hat gezeigt, was in einer Notlage plötzlich durch Umwidmungen von Budgets, Verbesserungen in der lokalen Infrastruktur und Trainings möglich ist. Monitoring von Projektaktivitäten, Austauschformate, Trainings und Workshops konnten vergleichsweise schnell und problemlos in ein Online-Setting verschoben werden.
Der große Bedarf hat dazu geführt, dass digitale Plattformen verbessert wurden. Vor allem in den Bereichen Barrierefreiheit durch Untertitel, Übersetzungen in Gebärdensprache und interaktive Zusatzmodule ist in den vergangenen zwei Jahren ein großer Sprung passiert. Viele Technologien und Möglichkeiten waren auch davor schon verfügbar, aber nur wenige Organisationen nutzten diese systematisch über interne Strukturen hinaus.
Kontakt verloren. Gleichzeitig sind aber auch die Grenzen der Kommunikation schnell zu Tage getreten. Vor allem bei Partner:innen-Organisationen, die in abgelegenen Regionen tätig sind, in denen aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte kaum Interesse am Ausbau der Stromversorgung oder gar der digitalen Infrastruktur existiert. Sie verloren zumindest zeitweise den Kontakt zu Partner:innen und Unterstützer:innen. Die Kommunikation mit Zielgruppen wurde erschwert und Projektaktivitäten kamen zum Stillstand.
Der Ausdruck Digital Divide, die digitale Kluft oder Ungleichheit, erhielt plötzlich große Aufmerksamkeit und prägte die Diskussion rund um Schulbildung, Geschlechter-(Un)gleichstellung, Stadt- Land- und Nord-Süd-Gefälle. Globale Machtverhältnisse machen auch nicht vor dem digitalen Raum halt.
Während digitale Kommunikation breite Partizipation ermöglicht, ohne dass Menschen über die Geld- und Zeitressourcen für lange Reisen verfügen müssen, ist diese Teilhabe trotzdem immer noch an Bedingungen geknüpft. Das bedeutet, dass sie ebenso aktiv ermöglicht und eingefordert werden muss. Es gilt, sie in Budgets, Einladungs- und Anmeldungspraxis mitzudenken.
Neues Modell gesucht. Ganz werden die neuen Kommunikationsmöglichkeiten den Aspekt des persönlichen Austausches oder direktes Projektmonitoring in abgelegenen Regionen nicht ersetzen können. Statt zwischen beiden Konzepten zu wählen, ist es jetzt an der Zeit zu evaluieren, welche Werkzeuge für welche Aufgaben am besten funktionieren und wie wir sie zielführend kombinieren können.
Vor dem Hintergrund, dass auch die Entwicklungszusammenarbeit sich verstärkt die Frage stellen muss, wie viel klimaschädliches Fliegen notwendig ist, bietet eine durchdachte Kombination von Reisen und Online-Austauschformaten sinnvolle Lösungen, hoffentlich auch langfristig.
Simone Peter ist seit zehn Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und Projektkoordinatorin bei Brot für die Welt Österreich (vgl. auch Seite 5).
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